Frau am Steuer - Ungeheuer!

Gut gelaunt mache ich mich mit Fidi, meinem kleinen Fiat, auf den Weg in die Stadt um dort einen Termin wahrzunehmen. Ich habe das Radio auf volle Lautstärke gedreht, von außen wird wahrscheinlich nur noch ein dröhnender Bass wahrgenommen und ein leichtes Scheppern, Fidi  ist schließlich nicht mehr der Jüngste.  

Inbrünstig johle ich mit Bruno Mars mit. Endlich angekommen! Der Verkehr ist die Hölle, ich bin leicht verunsichert. Ich bezeichne mich zwar zweifelsohne als gute Autofahrerin (ok – andere würden vielleicht behaupten ich bin chaotisch, leicht abzulenken und unkonzentriert), aber die vielen Ampeln und hupenden Autos verwirren mich. Am Straßenrand entdecke ich direkt vor der der gewünschten Adresse eine Lücke.

Da Fidi ziemlich handlich ist, setze ich selbstbewusst den Blinker und starte mit dem seitlichen Einparken. Jaaaaa, das sieht doch gut aus, ein fachmännischer Blick nach vorne, ein Blick über die Schulter, der Rest ist Routine. Ich bin schon dabei das Radio auszuschalten, da bemerke ich ein Rucken und ein lautes Krachen. Ich reiße geschockt meine Augen weit auf.

 „Scheiße!“ entfährt es mir.  Da war  es wieder, mein überall-gefürchtetes Bremse/Gaspedal-Problem. 

Anstatt wie gewollt anzuhalten,  habe ich nochmals Vollgas zurück gesetzt und den Wagen hinter mir gerammt. Passanten bleiben neben mir stehen und sehen mich entsetzt an. Einer deutet mir sogar den Vogel.

Wirklich SEHR hilfreich. „Ja, verzieh dich doch du Penner!!!!!“

 

Langsam steige ich aus um den Schaden zu besichtigen. Schon höre ich einen entsetzten Schrei von der anderen Straßenseite herüber. Er klingt so, als ob er eigentlich nur für Hundeohren bestimmt wäre. Eine schlanke, blonde Frau stöckelt auf ihren Pumps zu mir herüber und beschimpft mich bereits vom Mittelstreifen: „Sind Sie denn total irre? Was um Himmels Willen haben Sie denn mit meinem Wagen angestellt, Sie Wahnsinnige!!!“

Sie rennt wie von Sinnen um ihr Auto herum und heult laut auf. Ich stammle nur noch. „Es tut mir so leid, glauben Sie mir.“ Ich fange mir einen feindseligen Blick ein. „Wie blöde muss man eigentlich sein, ein Fahrzeug dermaßen zu demolieren. Haben Sie den Führerschein irgendwo gewonnen, oder wie?“ Ich kann verstehen, dass sie angepisst ist, aber das ist absolut kein Grund gleich so fies zu werden.  Kurzum, entsteht ein  handfester Streit, der von einem herannahenden Mann geschlichtet wird.  Er trägt eine lässig geschnittene Jeans,  ein T-Shirt  mit einem coolen Spruch drauf und wirkt mit seinem strubbeligem Haar sehr liebenswert. „Peter, nun schau mal, was diese blöde Schnepfe mit meinem schönen Auto angestellt hat!“ Er nimmt sie liebevoll in den Arm. Entschuldigend hebe ich meine Hände, ihre Motorhaube schaut echt schlimm aus. Mein Fiat ist wohl ein Panzer!

Der Kerl scheint ihr Freund zu sein. Mist, der ist echt süß. „Beruhig dich erst mal, ich mach das mit den Formalitäten, ok?“ Sie seufzt laut auf und wischt sich aufgesetzt eine Träne aus dem Auge. (Und sie nennt MICH Schnepfe!)

„Tut mir leid, Sandra ist ein wenig empfindlich wenn es um ihren Wagen geht. Sie hat es sicher nicht so gemeint.“ Er lächelt mich an. Wow, seine Stimme hat einen tollen Klang. Ich merke wie ich ein wenig erröte und streife mir eine Strähne aus dem Gesicht.

 

Peter und ich füllen gemeinsam den Unfallbericht aus, immer wieder vernehme ich ein genervtes Räuspern und mit der Zunge schnalzen von seiner Freundin. Nachdem alles erledigt ist, entschuldige ich mich erneut bei ihr. Von oben herab mustert sie mich und nickt gnädig als Geste ihres Wohlwollens.

Peter schlingt den Arm um ihre Schulter und die zwei verabschieden sich. Als ich gerade das Gebäude – total verspätet -  betreten will, höre ich jemanden meinen Namen rufen. Es ist Peter.  „Nur für alle Fälle, schreib mir doch bitte deine Nummer auf, falls es Probleme mit der Versicherung gibt, ja?“  Nun hält er  mich anscheinend auch noch für unzuverlässig. Ich atme hörbar tief aus, kritzle meine Handynummer auf ein Stück Papier und verschwinde im Hauseingang.

 

Die Tage vergehen und ich habe das Missgeschick schon fast vergessen, als plötzlich mein Handy klingelt. Unbekannte Nummer.  Zuerst will ich gar nicht ran gehen – da will mir doch sicher wieder jemand was andrehen! Als ich doch abhebe, höre ich eine Männerstimme. „Natalie? Hallo hier spricht Peter. Du hast den Wagen meiner Schwester gerammt.“ Ein nervöses Ziehen fährt in meinen Magen, im ersten Moment weiß ich gar nicht wie ich reagieren soll.

„Ja…. Ähm….. das war ich…. Ja……. Hallo!“ Sehr reizvoll mein Gestotter!

„Erinnerst du dich an mich?“ fragt er nach einer kurzen, peinlichen Pause.

„Natürlich! Der Wagen deiner Schwester, also? Alles in Ordnung mit der Versicherung?“ Meine Stimmung hebt sich merklich. Peter ist also doch nicht ihr Freund.

„Oh ja, ist schon alles im Laufen. Sandra ist ganz glücklich, sie hat einen wirklich schicken Leihwagen für die Reparaturzeit bekommen.“ Er lacht kurz auf. „Eigentlich rufe ich an, um zu fragen, ob du vielleicht mal mit mir einen Kaffee trinken möchtest?“

Wow, so etwas ist mir noch nie zuvor passiert. Davon habe ich bisher nur in Büchern gelesen. Fühlt sich gut an!!!!!

„Sehr gerne sogar!“ Ich grinse übers ganze Gesicht und bin mir ziemlich sicher, dass man das sogar meiner Stimme entnehmen kann. Wir verabreden uns in einem gemütlichen Lokal. Als ich die Tür öffne, sehe ich ihn bereits dort in der Ecke sitzen. Mit einem charmanten Lächeln empfängt er mich. „Schön dass du Zeit hast.“ Ich bekomme ein Küsschen links und eins rechts. Schmetterlinge flattern durch meinen Bauch. Seine Augen strahlen mich an. Wir bestellen uns einen Cafe Latte, quatschen munter drauf los und lachen viel. Beiläufig berühre ich bei einer Bemerkung seinen Oberarm. Es fühlt sich gut an. Es fühlt sich richtig an. Peter hält plötzlich inne. „Ich hab noch eine Kleinigkeit für dich.“ Er greift in seine Jackentasche und holt einen Schlüsselanhänger heraus. Einen silbernen Schutzengel für Autofahrer. Ich werde knallrot. „Ich dachte mir, den könntest du sicher gut gebrauchen.“ 

Ich bin gerührt von dieser Geste und falle Peter spontan um den Hals. Das war wohl zu viel des Gutem, verlegen löse ich mich wieder von ihm und versuche die Fassung wieder zu erlangen. Ich habe keine Ahnung, was dieser Kerl mit mir anstellt, mir kommt vor ich bin nicht mehr Herr meiner Sinne.  Nachdem wir bezahlt haben, begleitet Peter mich zu meinem Wagen. Ich konnte nur 3 Querstraßen entfernt einen großen, übersichtlichen Parkplatz am Straßenrand ergattern. Ich schließe die Tür auf, bleibe jedoch noch zögerlich in der Öffnung stehen und grinse.

„Tja….“ Beginne ich und klimpere dabei mit meinen Wimpern. „Ich fand es sehr nett, Peter.“ Ich versuche ihn regelrecht mit meinem Blick zu hypnotisieren.

HUUUUUUP! Ein älterer Herr mit Hut, in seinem silbernen Mercedes, reißt mich unsanft aus meinem Flirtmodus. Er gestikuliert wild und will mir zu verstehen geben, dass er unmöglich an meinem Wagen mit geöffneter Tür vorbei kommt. Meine Güte, kauf dir doch eine Brille, da ist doch massig Platz!

Ich schließe die Autotür, grinse ihn an und deute mit einer Armbewegung, dass die Bahn nun frei ist. Meine zweite Hand ist jedoch hinter meinem Rücken versteckt und hebt genussvoll den Mittelfinger. Peter bemerkt meine Geste und muss laut losprusten. Auch für mich gibt es kein Halten mehr.  Das Ganze hat sich in einen regelrechten Lachflash gesteigert. Mit Tränen in den Augen halte ich mich mit einer Hand an seiner Schulter fest. Wir schauen uns kurz ins Gesicht und auf einmal verändert sich die Stimmung. Sein Blick wird ernster und ist auf mich gerichtet. Ich habe das Gefühl als ob ein Silvesterfeuerwerk über uns schwebt, so sehr knistert die Luft. Als nächstes bemerke ich seine weichen Lippen auf den meinen die mich küssen.  Ich denke mir nur: WOW WAS FÜR EIN MANN – SO HAT MICH NOCH NIE JEMAND GEKÜSST!!!!!

… und somit hat ein RUMPS mein Leben wahrhaftig verändert….

 

 

 

 

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